einfühlsam – alltagsnah – stärkend

Eigentlich ist Juli ein fröhliches kleines Krokodil, das gerne laut und viel lacht. Dennoch schießen dem kleinen Krokodilkind oft Tränchen ins Auge und es weint einfach drauflos. Warum das so ist, weiß Juli selbst nicht so genau und kann nichts dagegen tun. Es passiert einfach. Beispielsweise wenn etwas nicht so klappt, wie es das kleine Krokodil möchte oder wenn Freundin Tilly die Sandschaufel stibitzt. Aber auch als das Lieblingshemd zu klein wird oder ein böser Hund bellt, bricht Juli in Tränen aus. Natürlich fragen sich die Erwachsenen, woran das wohl liegt. Hat vielleicht der alte Haifisch die richtige Idee, wenn er sagt, dass man das Weinen einfach ignorieren soll? Oder sind die Tränen vielleicht ganz normal und sogar wichtig für Juli? Zum Glück findet Julis Vater einen Weg mit Julis Gefühlsstürmen umzugehen, der Juli seine Gefühle ausleben lässt und dadurch richtig stark macht.

Auf sehr einfühlsame Weise thematisiert die Autorin und Familienexpertin Nora Imlau in diesem Bilderbuch die Gefühlswelt sensibler Kinder. Dazu begleitest du das kleine Krokodilkind Juli als liebenswerte Identifikationsfigur ohne Geschlechtszuschreibung und den fürsorglichen Krokodilpapa als inspirierendes Vorbild. Trotz des emotionalen Themas versprühen die liebevoll formulierten Paarreime dabei viel Witz und können Kinder zum Mitsprechen animieren. „Kurz darauf macht’s leider Platsch und der Einkauf ist jetzt Matsch“, heißt es beispielsweise, als Frau Nilpferds Einkaufstaschen reißen. Dabei weint Juli vor lauter Mitleid keine vorgetäuschten Krokodilstränen, sondern echte Juli-Tränen, weil Juli nur so seine Emotionen verarbeiten kann. Zum Schluss fragt Juli dann ganz selbstverständlich: „Ich bin Juli Krokodil, lachst und weinst du auch so viel?“ Das lädt Kinder ein, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und macht es leicht, ins Gespräch über Gefühle zu kommen. Als hilfreichen Bonus findest du dazu am Buchende Tipps der Autorin für besonders emotionale Momente.

Herzerwärmende Bilder von Lisa Rammensee begleiten die feinfühligen Verse. Sie sind mit viel Liebe zum Detail gezeichnet und machen großen Spaß beim Anschauen und Entdecken. Einzeln erkennbare Strukturen und satte Farben verleihen den Szenenbildern eine ungeheure Tiefe, fast zum Anfassen. So üben die Zeichnungen eine gewisse Anziehungskraft beim Anschauen aus und unterstützen die Reime auf ihre Weise. Genauso ansprechend wirken auch die vielen verschiedenen Tierfiguren, die Kindern den Zugang zu schwierigen Themen erleichtern können. Beispielsweise die sanftmütig dreinblickende Giraffe mit Lesebrille im Kindergarten oder der angsteinflößende Haifisch mit seinen messerscharfen Zähnen. Eine ganzseitige Illustration markiert dabei auch gleichzeitig den Wendepunkt dieser Geschichte. Als Juli mit seinem Vater in der schmutzigen Matschtonne sitzt, sich an ihn schmiegt und einfach nur weinen darf. Denn hier wird mit allen Sinnen spürbar, was Juli braucht: „Ich glaub, du brauchst ein Kuschelnest, wo man dich einfach weinen lässt.“

Ist Weinen für dein Kind auch ein Ventil, das ihm hilft, mit seinen Emotionen umzugehen? Wie reagierst du, wenn dein Kind weint? Kennt ihr noch andere Bücher, die sich mit starken Emotionen beschäftigen? Schreib uns einen Kommentar!