Mein kleiner Sohn liebt wie die meisten Kinder Urlaube – völlig egal ob an der Nordsee, in der Heide oder doch in einem fremden Land. Jede Reise ist für ihn ein Abenteuer voller neuer Eindrücke, kurzzeitiger Spielfreundschaften und leckerem Essen. Und es ist eine unbeschwerte Zeit mit der Familie, ganz ohne Alltagsdruck und Termine. In Zeiten von Corona verzichten wir natürlich auf einen Urlaub. Trotzdem verreisen wir fast täglich und zwar beim Vorlesen und Spielen.
Gastbeitrag: Komm ins Abenteuerland – Kinderbücher für Urlaubsreisen
Kinder reisen gerne, auch in ihrer Fantasie. Besonders gut lassen sich fremde Länder und geheimnisvolle Orte mit Büchern entdecken.
Conni in der Piratenklause und andere Erinnerungen
Kleine Kinder lieben Geschichten aus ihrer eigenen Lebenswirklichkeit. Fast täglich besuchen wir deshalb mit Conni den Kindergarten oder lernen mit Astrid Lindgrens Lotta Fahrradfahren. Diese Begeisterung für Alltägliches zeigt sich auch in der Auswahl kindlicher „Reiseliteratur“. Ein kleines Beispiel: Die Ost- und Nordsee liegt für uns nur eine Autostunde entfernt. Logischerweise ist das Meer deshalb unsere erste Wahl in Sachen Urlaubsplanung. Entsprechend oft müssen wir „Conni geht auf Reisen“ und „Conni geht zelten“ lesen oder hören. In der Handlung erkennt sich mein Sohn wieder. Vieles davon hat er selbst schon erlebt – ein Besuch in der Seehundstation oder die Wattwanderung. Solche Geschichten befeuern die schönen Erinnerungen und regen das Gespräch über die gemeinsame Zeit an. Das sollten wir als Eltern unbedingt nutzen. Es eröffnet nämlich auch uns einen ganz neuen Blick auf die Welt.
Zwei spannende Beobachtungen eines vorlesenden Vaters:
Schon kleine Kinder genießen nicht nur den Moment der Reise, sondern behalten auch die gesammelten Eindrücke in starker Erinnerung. Sie erleben dabei das Reisen mit ganz anderen Augen als wir Erwachsene. Sie haben einen wunderbaren Blick für Details. In ihrer Erinnerung spielen eine lustige Eissorte, ein toller Spielplatz am Strand oder der kleine Hund im Hotel eine viel wichtigere Rolle als irgendwelche Sehenswürdigkeiten.
Natürlich eigenen sich Bücher nicht nur als Erinnerung, sondern auch für die Vorbereitung auf eine Reise. Zum Beispiel wollten wir eigentlich in diesem Jahr zum ersten Mal in die Ferne fliegen. Mit großer Begeisterung hört mein Sohn Geschichten über Flugzeuge und Flughäfen – wahlweise aus dem großen Conni-Buch oder einem Kindersachbuch.
Magische Phase: Kurztrip nach Titiwu
Natürlich tun wir der wunderbar-blühenden Fantasie von Kindern Unrecht, wenn wir beim Vorlesen nur an „normale“ Orte reisen würden. Gerade in der magischen Phase zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr ist der Alltag der Kinder voller unglaublicher Wesen. Aus gutem Grund: Sie nehmen zwar schon die Realität wahr, können aber noch keine Grenze zu ihrer Fantasie ziehen. Einerseits sorgt diese Phase auch für Ängste – ein Klassiker sind die Monster im Schrank oder unter dem Bett – anderseits entdecken unsere Kinder mit fantastischen Wesen wie Feen, Elfen oder Einhörnern die Welt. Auch ein magischer Freund ist in dieser Phase keine Seltenheit. Vom Entwicklungsexkurs zurück zum Vorlesen: In der magischen Phase wächst auch die Begeisterung für fantastische Orte und Geschichten. Mein Sohn würde zum Beispiel liebend gern mal die Insel Lummerland besuchen und dort mit der Dampflok Emma ein paar Runde drehen. Auch die Insel Titiwu, auf der das Urmel mit seinen Freunden lebt, wäre sicher eine Reise wert. Wir würden jedenfalls sofort ein Ticket buchen. Nur bei der Auswahl des Transportmittels sind wir uns noch uneinig. Rakete, U-Boot oder doch fliegender Teppich? Sich gemeinsam mit seinen Kindern auf solche Fantasie-Reisen zu begeben, macht riesigen Spaß. Und dabei entstehen ganz eigene und neue Geschichten, auf die man mit der „abgekühlten“ Fantasie eines Erwachsenen kaum gekommen wäre.
Komm, wir spielen Verreisen
Jede noch so gute Geschichte endet irgendwann – damit, dass unser Nachwuchs (endlich) eingeschlafen oder dass die Erzählung schlicht vorbei ist. Zum Glück nehmen unsere Kinder die Abenteuer ihrer Lieblingshelden mit in ihren Alltag. Besonders schön zu beobachten ist das in kindlichen Rollenspielen. Ungefähr ab dem dritten Lebensjahr spielen Kinder Situationen aus ihrem Leben oder Szenen aus Büchern nach. Ein echter Klassiker neben „Mutter, Vater, Kind“ oder „Krankenhaus für Kuscheltiere“ ist dabei das „Verreisen“. Dafür packen sie zum Beispiel alle „wichtigen“ Dinge in einen Koffer und machen sich bereit für den Urlaub. Die Packliste meines Kindes: Kekse, eine Playmobil-Feuerwehr und haufenweise Kuscheltiere. Sein Lieblingsziel liegt im Moment in unserer Sandkiste. Dort baut er mit viel Hingabe Lummerland samt dem Palast von König Alfons dem Viertel-vor-Zwölften. Bei solchen Rollenspielen lernen Kinder enorm viel. Sie setzen sich mit der Welt der Erwachsenen auseinander und fühlen sich in andere Menschen hinein. Außerdem hilft das Spiel, dabei Erlebnisse zu verarbeiten, Konflikte auszuleben und stärkt das Sozialverhalten. Und zu guter Letzt erweitern Kinder im Rollenspiel ihren Wortschatz und ihre Ausdrucksfähigkeit. Deshalb endet mein Text auch mit einem kleinen Appell: Folgen wir unseren Kindern auf ihre fantastischen Reisen. Packt also fleißig Koffer, übernehmt als Pilot das Steuer eines fliegenden Teppichs oder besucht fremde Planeten – eine bessere Förderung gibt es gar nicht, großen Spaß macht es auch noch.
Mit welchen Büchern verreisen eure Kinder gerne? An welche fantastischen oder realen Ziele würdet ihr als Familie gerne mal reisen? Welche Geschichten spielen euer Nachwuchs am liebsten nach? Verratet es uns in den Kommentaren!
Birk Grüling
Birk Grüling ist vormittags schreibender und nachmittags spielender und vorlesender Papa. Als freier Autor schreibt er nicht nur Texte für Kinder, sondern auch für Medien wie Spiegel Online, RND, Süddeutsche Zeitung, Eltern oder DAD über Väterrollen, frühe Kindheit und digitale Bildung. Leseliebe ist für ihn ... eine tolle Gelegenheit für gemeinsame Momente zum Kuscheln und Träumen.
Kommentar schreiben