Artikel: Kinderbuchmacherin Marlen Bialek im Interview
 

Marlen Bialek über unsere Kinderbuch-Heldin Conni

Meine Freundin Conni wird schon 30 Jahre alt!!! Dazu wollten wir mehr wissen und haben die Conni-Lektorin interviewt.

Leseliebe: Frau Bialek, als Lektorin beim Carlsen-Verlag betreuen Sie unter anderem die Bilderbücher von „Meine Freundin Conni“. Wie sind Sie zu einer ‚Kinderbuchmacherin‘ geworden?

Marlen Bialek: Kinderbücher begleiten mich schon mein ganzes Leben lang. Bereits als ganz kleines Kind habe ich es geliebt, Bücher zu entdecken, Bilder anzuschauen und Geschichten zu hören. Und sobald ich selbst lesen konnte, war mein Lieblingsplatz der rote Sessel unserer Stadtteilbibliothek. Ich kann mich sogar noch an den Nagellack der ehrenamtlichen Bibliothekarin erinnern …
Bücher bereichern unser Leben, sie schenken uns viele schöne Stunden, sie nehmen uns mit auf wilde Reisen oder spiegeln einfach unseren Alltag. Bücher trösten und beruhigen, regen an, machen Freude oder erweitern unseren Horizont! Bücher haben Superkräfte – und mir war schon früh klar, dass ich Kinder mit Geschichten berühren, bestärken und unterhalten möchte. Deswegen habe ich mich nach der Schule und einem Literaturstudium für ein Volontariat im Lektorat eines Kinder- und Jugendbuchverlags entschieden. Das hat mich so begeistert, dass ich einfach dabeigeblieben bin, und ich freue mich jeden Tag über meinen Beruf.

Leseliebe: Was macht ein gutes Kinderbuch für Sie aus?

Marlen Bialek: Das ist ganz einfach: Es nimmt das Kind ernst! Ein gutes Kinderbuch ist unterhaltsam, es regt die Fantasie an und es knüpft an den Erfahrungshorizont der kleinen Leser*innen und Zuhörer*innen an. Es kann lehrreich sein, aber nicht belehrend. Und die Kinder wollen es immer, immer wieder in die Hand nehmen.

Marlen Bialek und Conni

Leseliebe: Wo wir beim Thema „gutes Kinderbuch“ sind: „Meine Freundin Conni“ feiert in diesem Jahr bereits ihren 30. Geburtstag als Kinderbuch-Heldin. Wie fing die Conni-Erfolgsstory im Carlsen-Verlag damals an?

Marlen Bialek: Vor 30 Jahren ist meiner geschätzten Kollegin Susanne Schürmann ein sogenanntes unverlangt eingesandtes Manuskript in den Posteingang geflattert. In beiliegendem Anschreiben hat die Autorin des Textes, Liane Schneider, erklärt, dass die Idee für die Geschichte Conni kommt in den Kindergarten in ihr gewachsen ist, weil sie ihrer eigenen Tochter den Eintritt in den Kindergarten mit einem Buch näherbringen und erklären wollte. Ein solches Buch gab es aber nicht. Long Story short: Susanne Schürmann hat in der Idee viel Potenzial gesehen, eine Illustratorin gefunden und so den Grundstein für viele, viele Conni-Bücher gelegt.

Leseliebe: Was ist das Besondere an Conni? Oder anders gefragt: Warum ist Conni Ihrer Meinung nach in jeder neuen Kinder-Generation wieder so beliebt?

Marlen Bialek: Conni ist ein Kind, das genau das erlebt, was unsere Kinder im Alltag erleben. Es gibt keine Magie, keine sprechenden Tiere und keine Prinzen oder Feen, sondern der Alltag ist das Abenteuer. Und so empfinden unsere Kinder auch. Mit der Lektüre eines Conni-Buches können den Kindern neue Situationen erklärt werden. Die Geschichten schaffen es, Kindern Ängste zu nehmen und sie wirken empowernd: Wenn Conni das kann, schaffe ich das auch! Anhand der Bücher können die Kinder eigene Erlebnisse reflektieren und einordnen – und die Geschichten sind spannend, aber nicht aufwühlend. Ich glaube, genau das ist das Erfolgsrezept der Bücher.

Meine Freundin Conni

Leseliebe: In ihren verschiedenen Buchreihen ist Conni unterschiedlich alt und deckt damit Altersgruppen zwischen drei und fünfzehn Jahren ab. Wie kam es zu der Idee, dass Conni mit ihren kleinen Fans mitwächst?

Marlen Bialek: Auch das war die Idee meiner Kollegin Susanne Schürmann! Vor Conni gab es keine einzige Kinderbuchfigur, die mitwächst. Aber das Bedürfnis der Kinder nach guten Alltagsgeschichten endet ja nicht mit dem Schuleintritt. Das hat Susanne verstanden und sie hat sich getraut, die Figur inhaltlich und optisch weiterzuentwickeln, ohne Connis Welt zu verändern natürlich.

Leseliebe: So riesengroß Connis Fangemeinde ist, so gibt es doch auch immer wieder mal kritische Stimmen, die Connis Welt als zu wenig divers und zu ‚perfekt‘ bewerten. Wie gehen Sie im Verlag mit so einer Kritik um? Hat sie einen Einfluss auf Connis Entwicklung in den letzten dreißig Jahren genommen?

Marlen Bialek: Wir bekommen sehr viel Rückmeldung zu den Conni-Geschichten, positive und negative. Und weil wir die Bücher für unsere Leser*innen machen und deren Bedürfnisse im Blick behalten, nehmen wir kritische Rückmeldungen sehr ernst. Die Welt, in der Conni lebt, ist durchaus divers – und das war sie tatsächlich auch schon von Anfang an. Connis Freundinnen und Freunde kommen aus Familien mit unterschiedlichen Migrationsgeschichten und nicht alle leben in Vater-Mutter-Kind-Konstellationen. Seit einiger Zeit rücken wir auch Connis Freundinnen und Freunde stärker in den Fokus der Geschichten und erzählen von ihnen und ihren Familien.
Außerdem zeigen wir verstärkt, dass Conni auch mal wütend und traurig ist, dass sie sich vieles nicht sofort traut und dass sie genau wie ihre Fans Dinge üben muss, bis sie ihr gelingen.

Conni lernt Rad fahren 6

Leseliebe: Und wie geht es mit Conni weiter? Gibt es schon Pläne für die Zukunft?

Marlen Bialek: Wir haben viele Ideen, klar! Jetzt feiern wir erst einmal das 30-jährige Jubiläum unserer Conni und wir freuen uns darauf, die Kinder auch weiterhin mit gut gemachten Geschichten zu beglücken. Und natürlich haben wir auch stets ein Auge darauf, dass die Ausstattung und der Auftritt der Bücher zeitgemäß bleiben. Darum haben wir beispielsweise einen Relaunch der Conni-&-Co-Bände für Leser*innen ab 10 beschlossen. Die Bücher sehen jetzt anders aus, die Typografie und das Design sind frischer und luftiger. Die ersten Bände im neuen Look sind gerade erschienen.

Leseliebe: Welches Kinderbuch oder welche Lese-Situation hat in Ihrer eigenen Kindheit einen Eindruck hinterlassen, der bis heute nachwirkt und warum?

Marlen Bialek: In meiner Familie wurde sehr viel gelesen und vorgelesen – fast immer und fast überall. Lese-Situationen gibt es also unzählige. Das Buch, das ich in meiner Kindheit (und vielleicht überhaupt) am häufigsten gelesen habe, ist Die Brüder Löwenherz von Astrid Lindgren. So eine unfassbar schön-traurige Geschichte! Nur wenn ich daran denke, bin ich ganz ergriffen.

Leseliebe: Sie haben einen magischen Wunsch frei und dürfen drei Bücher bestimmen, die jedes Kind auf der Welt in seiner Kindheit liest. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Marlen Bialek: Nur drei? Das ist unmöglich, das geht doch gar nicht! Aber drei Tipps meiner All-Time-Favorite-Vorleseliste teile ich gerne mit: Das Bilderbuch Irgendwie anders, die Rico-&-Oscar-Reihe von Andreas Steinhöfel und natürlich Die Brüder Löwenherz.

Leseliebe: Ergänzen Sie doch netterweise den folgenden Satz für uns: Leseliebe ist …

Marlen Bialek: … das große Glück, in die Welt der Geschichten einzutauchen.

Lektorin

Marlen Bialek

Marlen Bialek, geboren 1983, arbeitet seit 12 Jahren als Kinder- und Bilderbuchlektorin. Seit 2016 ist sie beim Carlsen Verlag unter anderem für die Conni-Bilder- und Beschäftigungsbücher verantwortlich. Sie liebt es, gemeinsam mit Autor*innen und Illustrator*innen neue Geschichten zu entwickeln, die Kinder ernst nehmen und ihnen jede Menge Spaß machen. An der Conni-Büchern schätzt Marlen besonders, dass sie Kinder bestärken. Conni ist ein Kind wie viele andere, sie erlebt in ihrem Alltag, was alle Kinder bewegt! Seit 30 Jahren ist Conni wie eine beste Freundin immer für die Kinder da. Das ist doch toll!

Lektorin Marlen Bialek und meine Freundin Conni

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