Ein Junge – den Namen erfährt man erst ganz zum Schluss und das Alter gar nicht – fährt unfreiwillig in ein einwöchiges Ferienlager. Unfreiwillig deswegen, weil er „die Natur ablehnt“. Brennnesseln, Dornen, Mücken – das ist alles nichts für ihn. Aber seine alleinerziehende Mutter hat erstens nicht frei bekommen und zweitens eigene Pläne. So bleibt ihm nichts anderes übrig. Die meisten Kinder in der Reisegruppe kennt er bereits aus der Schule. Das macht es aber auch nicht besser, weil ihm die meisten von ihnen ziemlich egal sind. Jörg, der in der Gruppe den Stempel „Opfer“ trägt, ist auch mit dabei. Mit ihm teilt sich der schlaue Ich-Erzähler ein Zimmer, weil bei der Zimmervergabe nur sie beide übrigbleiben. Das ist nun die Ausgangssituation für eine Woche „Abenteuer Wald“ in einer „typischen“ Gruppe Kinder, von der frech, unterhaltsam und nachhaltig berührend erzählt wird.
anspruchsvoll – bewegend – horizonterweiternd
ab 10+ Jahren
Aus dieser genial erzählten Geschichte über Anderssein, Mobbing und Identität können Kinder viiiiiel für sich mitnehmen.
Ein Kinderbuch, das lange nachhallt
Vom Abenteuer „Wald“ zum Abenteuer „Ich“
Der Autor Saša Stanišić hat für sein literarisches Schaffen bereits zahlreiche Preise gewonnen. Preise, die man dafür bekommt, dass man von gewichtigen Themen in einer wirksamen, künstlerisch wertvollen Sprache erzählt. Das tut er in diesem Buch jetzt auch für Kinder und Jugendliche. Sein Ich-Erzähler trägt in einer vorlaut-sarkastischen Art eine motzige Anti-Haltung vor sich her, was gleichzeitig Identitätsfindung und Selbstschutz ist. Er beobachtet, wie Jörg gemobbt wird und ringt mit seiner eigenen Courage, stellt die pseudo-hilfreichen Tipps Erwachsener bloß und wird in Gestalt eines Traum-Wolfs mit seinen wilden Ängsten konfrontiert. Das alles passiert sehr authentisch und humorvoll in dem eher mündlichen Ton eines sehr schlauen Jungen unserer Zeit, mit Halbsätzen, Jugendsprache und sprunghaften Gedankengängen, in denen sich Realität und Fantasie mischen. Das holt ab und fordert, trainiert das Denken, gibt unterschwellig viel zum Fühlen mit und ist thematisch top für Kinder im Übergang zur weiterführenden Schule.
Außergewöhnliche und starke Bilder
Wir bei Leseliebe sind große Fans der Illustrationen von Regina Kehn. Ganz gleich ob für Kleine oder auch Erwachsene: Ihre Bilder haben stets eine sehr besondere Farbstimmung und einen intensiven Ausdruck. Diese Intensität treibt sie in diesem Buch mit Illustrationen in einem leuchtenden Gelb, in Schwarz, Grau und Weiß auf die Spitze. Was für coole Bilder! Sie sind kunstvoll und kindgerecht und begleiten die Geschichte auf ihre ganz eigene, extrem bereichernde Weise. Gemessen an dem Anspruch des Textes ist die Anzahl der Bilder dabei sehr hoch. Sehr gut, denn das bringt Leichtigkeit und Zeit für Denkpausen in die gut 180 Seiten lange Geschichte. Text und Bild ergänzen sich damit optimal zu einem rundum lesenswerten, nachhaltig beeindruckenden Buch.
Liest du mit deinem Kind häufiger Kinderbücher zu ernsten Themen? Wenn ja, sind es dann eher Kinderromane oder Sachbücher für Kinder? Gibt es ein Buch, das bei deinem Kind besonders lange nachgewirkt hat? Welches? Schreib uns einen Kommentar!
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