abenteuerlich - wölfisch - tiefgründig

Die Wolfskinder Lup und Tara sind ein Herz und eine Seele, so verschieden sie sind. Sie verbringen ihre unbeschwerten Tage damit, zu spielen, sich auf das Leben als erwachsene Wölfe vorzubereiten und mit Lups Geschichten vom Flüstern der Bäume. Im herrlichen Wolfswald leben sie gemeinsam mit ihrem Vater Raureif, ihrer Mutter Lunda und ihren älteren Geschwistern in einem eingeschworenen Rudel. Doch dann hören sie eines Tages ein unheimliches Heulen aus dem gefährlichen Bärenschlund und ein fremder Wolf taucht in ihrem Wald auf. Die Wolfskinder erfahren von Geheimnissen, die ihre ganze Welt auf den Kopf stellen. Lup gehört gar nicht in das Rudel? Das ist zu viel für den jungen Wolf. Er läuft davon und Tara folgt ihm. Schließlich haben sie sich geschworen, immer und ewig zusammen zu bleiben. Tatze drauf.  

Annette Moser schreibt leicht verständlich und dennoch erstaunlich anspruchsvoll. Ja, ganz unerwartet überrascht einen diese Geschichte mit einem geschliffenen Stil, fast poetischen Einschüben und einem großen Einfühlungsvermögen für die wölfische Perspektive. Das Abtauchen in die Welt der Wölfe ist gut durchdacht, schildert das Rudelleben, die Jagd und das Leben im Wald. Wunderbar stimmig ist auch, dass die Wölfe ihre eigenen, nicht-menschlichen Bezeichnungen haben. „Stürzende Flüsse“ sind ein Wasserfall, „steinerne Riesen“ Felsen, ein Auto ist eine „Bestie“. Hinter der tierisch actionreichen Abenteuer- und Ausreißergeschichte stecken dabei die großen Themen Familie und Identität. Was entscheidet über Verwandtschaft und Zusammengehörigkeit? Was macht mich zu dem, der ich bin? Was bedeutet Familie? Anfangs und zwischendurch melden sich die Krähen zu Wort, als Erzähler, als Chronisten des Waldes und ständige Beobachter, in einer fast lyrischen Sprache: „Wölflein, ihr armen kleinen Wölflein, wenn ihr wüsstet!“ 

In ihrer eher einfachen, kindlichen Optik bilden die Illustrationen von Naeko Walter einen Gegensatz zu der detailreichen Geschichte. Sie passen gut zu der Altersempfehlung ab acht Jahren und bringen durch lebendige Szenendarstellungen immer wieder optische Leichtigkeit ins Buch. Denselben Effekt haben auch die vielen kleinen Illustrationen von Fliegenpilzen, Blättern, Blumen, kleinen Tieren, die du zwischen Absätzen oder am Seitenrand findest. Jede Kapitelüberschrift wird zudem durch ein kleines Bild ergänzt, das neugierig auf das nächste Kapitel macht. Und wenn die Krähen erzählen, wird der Hintergrund atmosphärisch wolkengrau. Mit der relativ kleinen Schrift und den Worttrennungen am Zeilenende erfordert das Selberlesen der Wolfsgeschichte schon geübte Leser. Alternativ eignet sich das Kinderbuch aber auch toll zum Vorlesen. Für Kinder, die sich für Tiere oder für Abenteuergeschichten begeistern, ist dieses Buch auf jeden Fall ein Volltreffer. Genauso wie für diejenigen, die mit Familien-, Adoptions- und Identitätsthemen zu tun haben.  

Was für Tiergeschichten mag dein Kind besonders gerne? Sollten sie besonders spannend sein oder eher lustig? Interessiert sich dein Kind für Wölfe oder für Waldtiere im Allgemeinen? Oder ist das Familienthema für euch gerade besonders aktuell? Schreib uns einen Kommentar!