Artikel: Kinderbuchmacher Ulrich Wickert  im Interview
 

Ulrich Wickert  über Fantasie

Der frühere Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert hat sein erstes Kinderbuch geschrieben. Spannend findet Leseliebe und hat nachgefragt!

Ulrich Wickert im Interview

Herr Wickert, wir sind neugierig: Was hat Sie von Ihrer sehr erwachsenen Arbeit als Journalist, Auslands-Korrespondent und Tagesthemen-Moderator zum Schreiben eines Kinderbuchs geführt? 

Wie so häufig war auch hier der Zufall verantwortlich. Die Idee stammte von meiner Tochter, die im Urlaub sagte, ich würde doch Bücher schreiben. Da könnte ich doch unsere Geschichten von Otto und von Rosalie und Kuno aufzeichnen. Also habe ich mich mit beiden Kindern, eine Tochter und ein Sohn, siebenjährige Zwillinge, sofort an den Schreibtisch gesetzt, den Laptop aufgeschlagen und mit beiden, die auf meinen Beinen saßen, angefangen zu schreiben. Und zwar genau so, wie es im Buch anfängt. 

Dann ist es wirklich so gewesen, wie es ganz vorne in Ihrem Kinderbuch steht: „erzählt von Rose und Curt, aufgeschrieben von Ulrich Wickert“?  

Wir haben das Buch tatsächlich als Autorenteam geschrieben, die Geschichte stimmt genauso, wie sie in dem Buch beschrieben wird. Wir hatten die Figuren gemeinsam ausgedacht, und wenn ich erzählte, haben Tochter Rose und Sohn Curt (so heißen sie in dem Buch) immer wieder eingegriffen und den Lauf der Geschichte beeinflusst. Tochter Rose wirft immer wieder ein: „Es muss aber auch was Gefährliches passieren!“. Und Sohn Curt verändert den Gang der Geschichten mit Einwürfen, was nun passieren müsste. 

Wie gefällt Ihnen das fertige Ergebnis? Haben Sie darin eine Lieblingsszene oder -Figur? 

Ich selbst kann mich immer wieder amüsieren, wenn ich die Geschichten noch einmal lese. Meine Lieblingsfiguren sind sicherlich Rose/Rosalie und Curt/Kuno. 

Wozu ist es Ihrer Meinung nach gut, gemeinsam mit Kindern Geschichten zu erfinden?  

Letztens sagte meine Tochter beim Spiel mit ihrem Bruder: Die Fantasie ist grenzenlos und begründete damit, warum sie tat, was ihr gerade einfiel. Und das ist sicher das Ergebnis unserer ständigen Erfindungen. 

Ihr Kinderbuch „Ritter Otto“ ist selbst eine Geschichte, aber auch eine Anleitung zum Geschichtenerzählen. Haben Sie daraus einen Tipp für uns, wie das Erfinden von Geschichten mit Kindern besonders gut funktioniert?  

Wichtig ist, den Kindern beim Erfinden keine Vorgaben zumachen, keine Grenzen zu setzen. Und wenn sie – wie im Buch von Ritter Otto – meinen, Ritter Werthold könne das Märchen von Schneewittchen nicht kennen, da er ein Erwachsener sei, dann ist das halt so. Dann hat das Kind recht! 

Was mögen Sie selbst am liebsten am gemeinsamen Geschichtenerfinden? Die verrückten Ideen der Kinder, die gemeinsam verbrachte Zeit, die Herausforderungen für die eigene Kreativität oder etwas ganz anderes? 

Die Ideen der Kinder sind nie verrückt! Sicherlich ist die gemeinsam verbrachte Zeit, das auf gleicher Augenhöhe erzählen für mich das Wichtigste. Erst dann kommt die Herausforderung für die eigene Kreativität. Und diese Herausforderung kann wirklich bis an die Grenzen der eigenen Kraft gehen. 

Ulrich Wickert Widmung

Ist das Geschichtenerzählen und -erfinden bei Ihnen zuhause alleine der Job vom Papa oder erzählt und erfindet auch die Mama Geschichten für und mit den Kindern?  

Alle erfinden bei uns Geschichten, denn die Kinder verlangen das von jedem! 

Neben Ihren vielen sonstigen Tätigkeiten haben Sie mehr als 30 Sachbücher und Krimis veröffentlicht und jetzt auch noch das Kinderbuch. Wann und wo finden Sie in Ihrem Alltag und neben Ihrem Vatersein von Zwillingen Zeit für die Schriftstellerei?  

Nun ist es doch heute nicht ungewöhnlich, dass Mutter und Vater arbeiten. Und die Kinder gehen in den Kindergarten, in die Schule, sind versorgt, wie alle Kinder von Eltern, die beide arbeiten. Also ist das kein Wunder, sondern Alltag. 

Sie haben eine Wortpatenschaft für das Wort „Freiheit“ und auch in Ihrem Kinderbuch geht es um Freiheit, nämlich um Fantasie als Freiheit der Gedanken. Was macht das Thema „Freiheit“ für Sie persönlich so wichtig? 

Freiheit ist für mich der wichtigste bürgerliche Wert. Ohne Freiheit keine Gerechtigkeit, ohne Freiheit keine Solidarität. 

Sinngemäß haben Sie einmal gesagt, Lesen und Schreiben sei in Ihrem Elternhaus gewesen wie bei anderen Leuten Essen und Trinken. Wie muss man sich diese Art von Leseliebe vorstellen? 

Bei uns zu Hause wimmelte es von Büchern. Deshalb habe ich als Jugendlicher schon viele Autoren gelesen, die ich einfach in der Bibliothek meiner Eltern fand. Nach Pippi, nach den Abenteuerbüchern von Enid Blyton kamen irgendwann Dostojewski, Knut Hamsun, Eichendorff, Fontane, etc… dran. Ein fließender Übergang. 

Würden Sie so nett sein und den folgenden Satz für uns ergänzen? Leseliebe ist … 

ein Lebenselixier.  

Journalist & Autor

Ulrich Wickert

Weithin bekannt als langjähriger Tagesthemen-Moderator (1991-2006) und ARD-Korrespondent, moderierte Ulrich Wickert auch die NDR-Hörfunksendung „Wickerts Bücher“ und ist Autor vieler, vieler Sachbücher und Krimis.  

Ulrich Wickert Autor

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