Petra Hartlieb über Leben & Arbeit in einer Buchhandlung

Leseliebe: Frau Hartlieb, in Ihrem Kinderbuch „Zuhause in einer Buchhandlung“ erzählen Sie aus kindlicher Perspektive von der Eröffnung Ihrer eigenen Buchhandlung und dem Wohnen direkt darüber. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Ihr Leben vom Beruf bis zum Wohnraum so eng mit der Welt der Bücher verbunden haben?

Petra Hartlieb: Tja, das hat sich einfach eher zufällig so ergeben. Als wir die Buchhandlung damals übernommen haben, war über den Geschäftsraum eine Wohnung zu mieten. Uns erschien das damals recht praktisch – kurze Wege, das Kind (also Toni im Buch) war damals noch klein und so brauchten wir weniger Fremdbetreuung. Sehr viel arbeiten, trotzdem mal schnell die Waschmaschine einschalten, ein paar Nudeln kochen …

Leseliebe: Welches Kinderbuch oder welche Lese-Situation hat in Ihrer eigenen Kindheit einen Eindruck hinterlassen, der bis heute nachwirkt und warum?

Petra Hartlieb: „Wölfe ums Schloss“ von Joan Aiken. Ich weiß zwar nicht mehr genau, um was es ging, ich fürchte mich aber heute noch, wenn ich daran denke. Und dank der klassischen Mädchenbücher damals, wie „Hanni und Nanni“ oder „Dolly“ wollte ich unbedingt ins Internat.

Leseliebe: Was gefällt Ihnen am besten daran, in einer Buchhandlung zuhause zu sein? Gibt es auch etwas, was daran schwierig für Sie ist?

Petra Hartlieb: Das, was uns gefällt, ist auch das, was manchmal nicht so schön ist: der fehlende Abstand. Oft ist das praktisch, aber eben manchmal auch schwierig. Denn selbst wenn ich frei habe, bin ich sehr dicht dran. Die Angestellten verbringen ihre Mittagspause in unserer Küche, auf der Straße am Weg zum Einkaufen begegnen mir Kund*innen, die wissen wollen, ob ihr Buch schon da ist. Und man ist oft verleitet, noch schnell am Abend oder am Sonntag ein Schaufenster zu dekorieren, Mails zu beantworten, das Klo zu putzen … weil man ja keinen Weg zurücklegen muss.

Leseliebe: Was mögen Sie an Ihrem Beruf als Buchhändlerin am liebsten? Und was ist in der täglichen Arbeit die größte Herausforderung?

Petra Hartlieb: Geschichten zu vermitteln. Das richtige Buch für die richtige Person auszusuchen. Und mit den Kolleg*innen über Bücher zu reden, sich anzustecken mit der Begeisterung.

Herausfordernd sind Kund*innen, denen nichts recht ist. Die eine Garantie dafür wollen, dass ihnen das empfohlene Buch gefällt. Und das Weihnachtsgeschäft. Jedes Jahr aufs Neue.

Leseliebe: Wie sind Sie als Buchhändlerin dann auch noch zu einer ‚Kinderbuchmacherin‘ geworden?

Petra Hartlieb: Das ist jetzt ein wenig profan, das war nämlich die Idee des Carlsen Verlags. Ich war gerade dabei einen Kinderkrimi mit einem Freund zusammen zu schreiben, wir wollten mal ausprobieren, ob wir das können, da kam der Anruf aus Hamburg mit der Anfrage, ein Kinderbuch über die Buchhandlung zu schreiben. Ich war von der Idee sofort begeistert.

Leseliebe: Was macht ein gutes Kinderbuch für Sie aus?

Petra Hartlieb: Dass es sich auf das Niveau eines Kindes begibt und trotzdem nicht von oben herab oder betulich ist. Und dass der Text so ist, dass auch die vorlesenden Erwachsenen ihren Spaß dabei haben.

Leseliebe: Wie wichtig finden Sie das Vorlesen in der Familie?

Petra Hartlieb: Sehr, sehr wichtig. Wir haben immer vorgelesen, zumindest jeden Abend, auch wenn wir noch so viel gearbeitet haben. Bis beide Kinder (sehr früh) lesen konnten und uns aus dem Bett geworfen haben.

Leseliebe: Haben Sie vielleicht noch Tipps rund ums Vorlesen für Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel und alle anderen, die Kindern gerne etwas vorlesen möchten?

Petra Hartlieb: Einfach tun. Und zwar regelmäßig, jeden Abend, wenn das Kind im selben Haushalt wohnt. Durch das Vorlesen eine Nähe zu schaffen, eine körperliche aber auch geistige, die die Kinder dann immer unmittelbar mit Büchern in Verbindung bringen.

Leseliebe: Jetzt noch eine besonders schwierige Frage für eine Buchhändlerin: Sie haben einen magischen Wunsch frei und dürfen drei Bücher bestimmen, die jedes Kind auf der Welt in seiner Kindheit liest. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Petra Hartlieb:

Pippi Langstrumpf

„Frag mich“ von Antje Damm

Die Ella-Reihe (Timo Parvela)

Leseliebe: Ergänzen Sie doch netterweise den folgenden Satz für uns: Leseliebe ist …

Petra Hartlieb: … neben guter Nahrung, sauberem Wasser und einem warmen Bett eines der wichtigsten Dinge.