Dein Kind ist inzwischen etwas über ein Jahr alt? Vieles wurde schon gelernt und ausprobiert. Doch auch nach dem ersten Geburtstag ist es völlig normal, wenn dein Kind Schwierigkeiten hat, in den Schlaf zu finden oder es auch nachts öfter mal wach wird. Die meisten Kinder schlafen nämlich erst zwischen zwei und vier Jahren immer zuverlässiger in den meisten Nächten „durch“, das heißt mindestens sechs Stunden am Stück.
Gastbeitrag: Praktische Tipps zum Ein- und Durchschlafen für Kleinkinder
Expertin Melanie Schüer verrät dir, welche konkreten Maßnahmen deinem Kind beim Schlafen helfen können!
Es hilft, das Einschlafen mit deinem Baby zu üben
Je älter dein Kind wird, desto länger kann es ohne Nahrung nachts aushalten und desto besser wird es in einer bestimmten Fähigkeit, die für das Schlafverhalten sehr wichtig ist: Selbstregulation. Damit ist gemeint, dass ein Kind sich zumindest in gewissen Situationen selbst beruhigen kann. Ein Neugeborenes kann das noch ganz wenig und braucht deshalb noch viel Unterstützung beim Einschlafen und Entspannen. Deshalb ist es auch völlig normal, wenn Babys in den ersten 3-4 Monaten beim Füttern oder auf dem Arm einschlafen. Mit zunehmendem Alter ist es aber hilfreich, immer mal wieder zu üben, dass du dein Baby zwar nicht hellwach, aber doch schläfrig (kurz vor dem Einschlafen) in sein Bettchen legst und es so daran gewöhnst, mit zunehmend weniger Hilfe einzuschlafen. Meist ist die Altersphase zwischen 3-5 Monaten ein passender Zeitpunkt, um genau das zu trainieren. Oft wird allein dadurch auch die Nacht etwas ruhiger, denn die Erfahrung zeigt: Einschlafen ist das Tor zum Durchschlafen.
Dein Baby fremdelt
Die meisten Säuglinge beginnen zwischen ca. 6 und 7 Monaten, zu fremdeln und stärkere Trennungsangst zu zeigen. Außerdem schreitet die motorische Entwicklung rasant voran. Deshalb gibt es ab diesem Alter oft nochmal mehr Schlafprobleme und die Kleinen haben – häufig bis zum Alter von ca. 10-11 Monaten – wieder ein erhöhtes Nähebedürfnis. Kurz vor oder nach dem ersten Geburtstag lässt die Trennungsängstlichkeit dann meist nach und die Kinder werden wieder mutiger. Diese Phase eignet sich dann gut, um erneut die Selbstregulation zu fördern – besonders dann, wenn es Probleme beim Ein- oder Durchschlafen gibt.
Selbstständig einschlafen lernen – Rituale helfen
Manchmal klappt das Einschlafen super und nur das häufige Aufwachen nachts ist belastend. Doch auch dann hilft es meistens, am Einschlafen anzusetzen. Denn wenn dabei sehr viel Begleitung nötig ist, erwarten die Kleinen diese Begleitung meistens auch in der Nacht.
Wichtig ist dabei die Frage: Wie viel und wie aufwändig ist die Begleitung, die dein Kind beim Einschlafen braucht? Das bedeutet nicht, dass es komplett ohne Begleitung einschlafen sollte. Denn natürlich brauchen auch Kleinkinder Nähe, um zur Ruhe zu kommen und ins Traumland zu finden. Ein gemütliches Ritual mit Waschen, Umziehen, Kuscheln und Elementen wie einer Geschichte, Gebet, Gute-Nacht-Lied, ist und bleibt noch für viele Jahre wichtig. Doch die relevante Frage ist, wie das eigentliche Einschlafen dann stattfindet. Dein Kind darf gern mit viel Körperkontakt ruhig und schläfrig werden. Wenn nachts alles gut klappt, dann ist auch das gemeinsame Einschlafen okay. Doch wenn die Nächte schwierig sind, dann solltest du dich, kurz bevor dein Kind so richtig einschläft, zurückziehen und an genau diesem Punkt deine Unterstützung schrittweise herunterschrauben.
Zum Beispiel: Wenn du üblicherweise neben deinem Kind liegst, bis es fest schläft, dann rückst du nun kurz, bevor es einschläft, etwas weg und sitzt nur noch in der Nähe. Wenn dein Kind unruhig wird, streichle es noch kurz. Sobald das klappt, rückst du nach und nach etwas mehr vom Kinderbett weg. Du kannst z.B. in der Nähe des Bettes stehen, ohne oder mit kurzem Streicheln und versuchst schließlich, nach einem letzten kurzen Streicheln, mit einem leisen „Gute Nacht“ das Zimmer zu verlassen, sodass dein Kind allein einschläft. Wenn das zu Protest führt, kannst du an der Tür erneut Sicherheit vermitteln („Ich stehe hier, alles gut!“) oder, wenn nötig, das Kind nochmal kurz streicheln und es dann noch einmal versuchen. Das kann anfangs einige Wiederholungen dauern, aber nach drei bis vier Abenden sollten erste Fortschritte zu erkennen sein. Auch Rückfälle sind völlig normal – dann einfach weitermachen, oft dauern diese nur ein bis zwei Abende.
Wichtig: Gute Schlaf-Bedingungen für dein Baby
Dunkelheit ermöglicht es dem Körper, das Schlafhormon Melatonin ausschütten. Verzichte also möglichst auf ein Nachtlicht oder nutze ein rötliches (das schadet der Melatonin-Produktion am wenigsten). Zu den schlaffördernden Bedingungen zählen auch passende Schlafenszeiten:
Kleinkinder im zweiten Lebensjahr brauchen noch einen Mittagsschlaf. Der sollte in der Regel nicht länger als ca. 1,5 – 2,5 Stunden dauern und mindestens 3,5 Stunden vor dem Abendschlaf beendet sein. Auch entspannte Eltern sind Teil der schlaffördernden Bedingungen. Es gehört zur Fürsorge für das Kind, sich auch gut um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern! Hast du genügend Ruhepausen? Wenn nicht, wen könntest du um Unterstützung bitten? Wenn du noch ein Geschwisterchen im ersten Lebensjahr hast, gibt es z.B. das Ehrenamtlichen-Angebot von wellcome. In vielen Orten gibt es auch Familienpaten, was man z.B. im Amt für Familie erfragen kann.
Medienkonsum und Nahrung
1. Medienkonsum. Es ist wichtig, diesen zu begrenzen: Kinder sollten frühestens ab zwei Jahren kurze Videos (max. 20 Minuten pro Tag) ansehen. Sind jedoch ältere Geschwister da, lässt es sich nicht immer vermeiden, dass es auch mal anders läuft. Das ist, wenn es nicht ständig vorkommt, keine Katastrophe, aber achte möglichst darauf: Keinen Bildschirmkonsum in den letzten 3 Stunden vor dem Schlafengehen. Gute-Nacht-Musik sollte ruhig, entspannend und nicht hektisch sein.
2. Nahrung. Gesunde, schlaffördernde Nahrung ist ebenfalls sehr wichtig: Mit Zucker sollte man bei Kleinkindern sehr zurückhaltend sein und gerade am Abend sollte man auf gesüßtes Essen möglichst verzichten. Dazu gehören auch Fruchtsäfte oder süße Joghurts. Besonders positiv wirkt sich Hafer auf den Schlaf aus.
Das Ein- und Durchschlafen ist ein längerer Entwicklungsprozess. Mütter und Väter brauchen Geduld mit ihrem Baby und auch mit sich selbst. Bei anhaltendem Schlafmangel ist dies natürlich leicht gesagt und sicher nicht immer möglich. Daher ist es besonders in anstrengenden Phasen sehr zu empfehlen, sich Unterstützung zu holen. Mit liebevoller Zuwendung wird dein Baby das Ein- und Durchschlafen mit der Zeit lernen.
Melanie Schüer
Melanie Schüer ist Expertin für Schwangerschaft, Schrei- und Schlafprobleme sowie das Kita-Alter. Die Erziehungswissenschaftlerin ist Mutter eines Sohnes und einer Tochter und persönlich vertraut mit dem Mix aus Augenringen, tiefem Glück, bleischwerer Erschöpfung, Frust & Chaos, welche das Eltern-Sein mit sich bringt.
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