Artikel: Kinderbuchmacherin Daniela Kunkel im Interview
 

Daniela Kunkel über „Das kleine WIR“

Leseliebe spricht mit Daniela Kunkel, der Erfinderin des kleinen WIR, über ihr neues Buch und das Sichtbarmachen von Gefühlen.

Leseliebe: Frau Kunkel, beruflich haben Sie zunächst Sozialpädagogik studiert und in einer Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet. Wie kam es dann zu der Entscheidung noch Illustration zu studieren und eine ‚Kinderbuchmacherin‘ zu werden?

Daniela Kunkel: Ausschlaggebend war meine Leidenschaft für Bilder und Bücher, das Zeichnen hat mich einfach nicht losgelassen. Außerdem habe ich während meiner Arbeit noch einmal ganz neu begriffen, wie wichtig Geschichten für Kinder sind und dass Bücher in der Pädagogik eine wertvolle Brücke sein können, um Worte und Bilder für Gefühle zu finden, die sonst schwer zu benennen sind. Das fand ich sehr spannend.

Leseliebe: In Ihren Bilderbüchern über das kleine WIR geben Sie einem abstrakten Gefühl eine zottelig grüne Gestalt mit gestreifter Nase und Blumen auf dem Kopf und schildern an diesem Wesen ebenso einfühlsam wie anschaulich, wie das Wir-Gefühl in sozialen Beziehungen von Umständen und Verhalten abhängt. Haben Sie die Idee für diese Sichtbarmachung von Gefühlen aus Ihrer sozialpädagogischen Arbeit?

Daniela Kunkel: Ja, genau. Die Idee zum WIR entstand letztendlich nach einer konkreten Gruppensituation. Die Gruppe bestand aus Kindern die ganz unterschiedliche Schwierigkeiten hatten sich in einem Klassenverband zurechtzufinden. Und mir fehlte ein verbindendes Element, mit dem ich „Regeln“ für das soziale Miteinander erklären konnte. Etwas, das eine Orientierungsmöglichkeit und im besten Falle eine Art Feedback bietet. Ich glaube, dass das mit dem kleinen WIR ganz gut funktioniert.

Interview Daniela Kunkel Arbeitsplatz

Leseliebe: Grünes Fell, Blumen auf dem Kopf - wie ist das kleine WIR zu seiner originellen optischen Erscheinung gekommen? 

Daniela Kunkel: Die Figur entstand ziemlich schnell aus dem Bauch heraus. Sie sollte natürlich sympathisch sein und interpretationsoffen. Die Blumen fand ich  passend als Symbol fürs Kümmern und Pflegen, sowie das Wachsen. Es ging ganz schnell, *schwups*, dann war es da, das kleine WIR.

Leseliebe: Das kleine WIR ist schon für Kinder ab vier Jahren geeignet. Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass Kinder sich schon so früh mit dem Wir-Gefühl auseinandersetzen?

Daniela Kunkel: „Auseinandersetzen“ hört sich für mich zu sehr nach einem bewussten Prozess an. Kinder fühlen schon ganz früh die Atmosphäre in einer Gruppe und reagieren sensibel darauf. Sie sammeln schon früh in der Kita oder im Hort Gruppenerfahrungen mit all ihren Herausforderungen. Beim Schreiben vom kleinen WIR habe ich ursprünglich an Grundschulkinder gedacht. Aber ich bekomme ganz viele tolle Rückmeldungen aus Kitas; auch dort hat das WIR seinen Platz gefunden.

Interview Daniela Kunkel iPad

Leseliebe: Nachdem Sie in zwei anderen Bilderbüchern zuerst das Wir-Gefühl in Freundschaften und in Schulklassen beschrieben haben, widmet sich Ihr aktuelles Bilderbuch dem Wir-Gefühl zu Hause in der Familie. Gelten für das Familien-Wir andere Regeln oder Bedingungen als in sonstigen Beziehungen?

Daniela Kunkel: Vieles ist übertragbar, dennoch ist eine Familie natürlich ein besonders verbundenes System mit eigenen Herausforderungen wie verschollenen Lieblingspullovern, klebrigen Fußböden, nervenden Eltern, und das immer größere Stück Kuchen der großen Schwester.

Leseliebe: Beim kleinen WIR stammen Geschichte UND Bilder von Ihnen. Sie arbeiten aber auch als reine Illustratorin, die Kinderbücher anderer Autoren illustriert. Was mögen Sie lieber und warum?

Daniela Kunkel: Tatsächlich mag ich beides sehr. Es macht mir viel Spaß eigene Geschichten zu schreiben und zu gestalten, aber ich illustriere auch gerne Geschichten von anderen Autoren. Da kann ich mich dann komplett auf die Bilder konzentrieren.

Interview Daniela Kunkel Zeichnen

Leseliebe: Was macht ein gutes Kinderbuch für Sie aus?

Daniela Kunkel: 
Dass es die Kinder abholt, wo sie stehen, sie ernst nimmt und trotzdem nicht zu ernst ist.

Leseliebe: Welches Kinderbuch oder welche Lese-Situation hat in Ihrer eigenen Kindheit einen Eindruck hinterlassen, der bis heute nachwirkt und warum?

Daniela Kunkel: 
So einen ganz konkreten Moment gibt es da nicht. Aber heimlich lesen, wenn man eigentlich schlafen sollte, war großartig.

Leseliebe: Ergänzen Sie doch netterweise den folgenden Satz für uns: Leseliebe ist ...

Daniela Kunkel: ... das Ticket für unendliche Abenteuerreisen.

Autorin & Illustratorin

Daniela Kunkel

Daniela Kunkel wurde 1983 am Niederrhein geboren. Sie hat an der FH Münster Design mit dem Schwerpunkt Illustration studiert und seitdem zahlreiche Kinderbücher im Bereich Vorlesebuch und Sachbilderbuch illustriert.

Daniela Kunkel Illustratorin und Autorin

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