Vor ein paar Tagen schlug meine Tochter morgens mit einer Frage die Augen auf: „Warum verschenken wir eigentlich immer Bücher?“ Mit dieser Frage hatte ich schon viel früher gerechnet. Es ist nämlich so: Wir schenken an jedem Geburtstag, zu dem meine Kinder eingeladen sind, ein Buch. Keinen neonfarbenen Quetschball mit Glibberkugeln drin. Keine Blinklichter für Fingerzaubertricks. Keine Klatschhand. Wir schenken immer Bücher, die garantierten Arschkarten beim Auspacken: Alles was bunt, doll oder blinkpiepig ist, wird stolz der Geburtstagsmeute präsentiert, die begeistert „GEIEL!“ oder „KANN ICH AUCH MAL?“ ruft. Ein Buch hingegen wird höchstens mit einem gleichgültigen „Danke“ quittiert und achtlos beiseite gelegt. Und ja, seitdem meine Kinder aus (meinem) Prinzip nur Bücher schenken, hat noch kein einziges Geburtstagskind beim Auspacken gerufen: „Yeah, das wurde doch gerade beim Deutschlandfunk vorgestellt. Sorry, Leute, da muss ich jetzt erst mal reinlesen.“ Warum wir das trotzdem so machen, erklärte ich ungefähr so:
Bücher? Sollten wir uns schenken!
KOLUMNE | Das kommt vom Lesen!
Rike Drust schreibt herrlich erfrischend und ehrlich über ihren Familienalltag und welche Rolle Kinderbücher dabei spielen.
"Ein Buch wird nicht beim Überreichen, sondern erst beim Lesen geschenkt."
Aber wenn es dann einen Nerv trifft, und das tut es meistens, weil wir ziemlich gut aussuchen können, kann der oben erwähnte Quetschball direkt nach Hause gehen. Bücher, und zwar nur Bücher, pflanzen etwas in unsere Köpfe und Herzen, das ganz lange bei uns bleibt, oft sogar für immer. Beim Lesen fiebern wir mit, fühlen uns gut aufgehoben, verstanden, spaßgruseln uns, tauchen irgendwo ein und ganz woanders wieder auf, weinen, lachen und so viel mehr. Jaja, unterbrach mich meine Tochter. Wie sich herausstellte, wollte sie das alles gar nicht wissen. Sie wollte nur sichergehen, dass die Bücher, die wir verschenken, nicht ihre eigenen sind. Die will sie nämlich lieber behalten.
Rike Drust
Rike rezensiert als @kinstabuch auf Instagram die Lieblingsbücher ihrer Familie. Wenn sie nicht liest oder über Bücher schreibt, arbeitet sie als Autorin und Werbetexterin, sehnt sich nach Wald oder legt einfach mal die Füße hoch. Beliebte Bücher von ihr sind "Muttergefühle" und "Muttergefühle.Zwei".
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