fantasievoll - märchenhaft - originell

Die Kinder Curt und Rose geben bei Papa Ulrich eine Geschichte in Auftrag: Von Ritter Otto soll sie handeln und etwas Gefährliches muss auch darin vorkommen. Wenn es um einen Ritter geht, dann braucht man natürlich außerdem ein Schloss, einen König und eine Königin. Wie wäre es dazu mit einem Drachen und einer Hexe? Der Papa erzählt und langsam wächst die Geschichte über Ritter Otto, eine Prinzessin, eine Hexe, einen Drachen und ganz viel mehr ... Immer wieder ergänzen Curt und Rose ihre Wünsche an die Geschichte, bringen eigene Ideen ein, haben Fragen oder Kommentare. Schließlich heiratet Ritter Otto Prinzessin Emma und sie bekommen die Kinder Rosalie und Kuno. Auf einmal sind die viel wichtiger als der Ritter und Curt und Rose wollen hören, wie es mit den beiden weitergeht. Und dazu fällt ihnen auch selbst so allerhand ein, bis am Ende – und das ist sehr, sehr wichtig – alles gut ausgeht.

Fast ist es, als würde die Geschichte gerade erst in dem Moment entstehen, in dem man sie liest. Kein Wunder, du wirst durch die originelle Art der Erzählung ja auch direkt an dem Entstehungsprozess beteiligt. So befindest du dich beim Lesen der Geschichte auf zwei Realitätsebenen: erstens auf der von Ulrich, Curt und Rose und zweitens auf der von Ritter Otto. Als in Ritter Ottos Geschichte selbst eine Geschichte erzählt wird, tauchst du sogar noch in eine dritte Ebene ab. Und deine eigene Realität, in der du mit deinem Kind das Buch liest, gibt es auch noch, quasi Ebene 0. Das alles verwebt sich zu einem wunderbaren Spiel, in dem Geschichten zur Realität werden und die Realität zur Geschichte. Denn die Ideen für die Ritter-Otto-Geschichte kommen von überallher: aus anderen Büchern oder Trickfilmen, von Stickerbüchern oder aus Urlaubserlebnissen. Dabei nutzt Ulrich Wickert das Erzählen auch als eine Art trojanisches Pferd, durch das er ein buntes Sammelsurium an Sachwissen und (literarischer) Allgemeinbildung in den Kinderkopf schleust, zu griechischen Göttern, Goethes Zauberlehrling oder französischem Backwerk. Reales und Ausgedachtes, Vergangenes und Gegenwärtiges verbinden sich so zu einer Geschichte, die ein fabelhaftes Ziel hat: Grenzen im Kopf aufsprengen und die Fantasie befreien.

Die vielfach ausgezeichnete Illustratorin Julie Völk hat zu dem Kinderbuch großartig schräge Zeichnungen beigesteuert. In ihren ebenso klaren wie zarten Bildern geht es um die Verbindung von Realität und Fantasie. Und damit hätte niemand anders diese Geschichte besser illustrieren können. Wie direkt aus einem Kinderkopf geschlüpft, sehen die Bilder aus: einfach und doch komplex, bunt und skurril, unverblümt schrill. In dem klassischen Kinderbuchformat, mit großen Zeilenabständen und relativ kleiner Schrift, eignet sich das bunt bebilderte Buch damit perfekt für schöne Vorlesestunden. Und für geübte Leser ab der dritten Klasse ist das Buch mit seinen Realitätsebenen in verschiedenen Schriftfarben eine tolle Herausforderung zum Selberlesen. Also los, auf geht’s in das Reich der Fantasie! 

Denkst du dir mit deinem Kind auch eigene Geschichten aus? Muss darin ebenfalls immer „etwas Gefährliches“ vorkommen? Oder sind deinem Kind andere Dinge wichtig? Welche Geschichten, die die Fantasie anregen, kennst du sonst? Schreib uns einen Kommentar!